Slow Sex als meditative Erfahrung kann dir völlig neue Horizonte eröffnen. Allgemein ist Sex manchmal unabdingbar, um den Beziehungsfrieden zu sichern. Doch wie verändert sich Sexualität, wenn ein Kind zur Welt kommt? Was können Eltern tun, um sich ihre Sexualität nach der Geburt ihres Sprösslings zu erhalten? THE HAPPY SPOT hat mit Petra Steiner, Expertin für beflügelte Sexualität, im Interview darüber gesprochen. Im ersten Part des Interviews sprechen wir allgemein über ihre Arbeit als Expertin für Sexualität, mögliche Probleme und darüber, welche Bedeutung Männer und Frauen Sexualität jeweils zuschreiben.
Liebe Petra, erzähl uns doch bitte ein bisschen was zu dir und deiner Tätigkeit!
Vielen lieben Dank für die Einladung, Celsy! Ich freue mich sehr darüber und habe mich bemüht, einige Gedanken anregende Impulse zu versprühen.
Ich bin Sexualberaterin und Expertin für beflügelte Sexualität. Meine Motivation ist es, die Menschen dabei zu unterstützen, freie, lockere und luftige Sexualität zu leben. Dabei gilt es oft Hemmungen aus dem Weg zu räumen, neue Kommunikationswege zu finden, sich neu und besser spüren zu lernen. Und damit neue Wege aufzudecken für ein erfülltes, glückliches Sexualleben. Selbst lebe ich in Partnerschaft, bin schwer verliebte Mami einer knapp 3-jährigen Tochter und lebe in Wien. Das Leben bietet also viel Abwechslung! 🙂
Mit welchen Fragestellungen kommen Paare in der Regel zu dir?
In den meisten Fällen ist es die eingeschlafene Sexualität. Eine Barriere, die sich zwischen dem Paar und ihrer Sexualität aufgebaut hat. Verloren gegangenes Begehren. Und damit verbunden, eine große Unbefriedigtheit. Denn die Paare sind in Liebe vereint und möchten an ihrer Partnerschaft festhalten. Stehen jedoch auf dem Standpunkt, dass ihre (fehlende) Sexualität SO nicht für immer weitergehen kann. Wissen aber nicht, wie sie das verändern können. In jedem Fall fühlen sie sich für diesen Zustand einfach zu jung!
Und eines haben meine Klienten/Klientinnen noch gemeinsam: Sie sind mutig und selbstbestimmt, denn sie gehen ein – für sich – absolut wichtiges und essentielles Thema an! Ihre Scheu und Scham legen sie mit der Zeit ab und schaffen sich damit neuen Raum für Möglichkeiten und Lösungen! Ich finde das großartig!!
Welchen Stellenwert nimmt Sex in einer Beziehung ein?
Sexualität ist in jedem Fall ein bindender Faktor. Geschüttelt oder gerührt, es wird dabei ein berauschender Hormon-Cocktail ausgeschüttet: das Bindungshormon Oxytocin, gemischt mit dem Exklusivitätshormon Vasopressin, verfeinert mit dem Belohnungshormon Dopamin und noch einigen mehr – fördert er Bindung und Zusammengehörigkeit.
Auf der emotionalen Ebene hat Sexualität viel mehr „zu sagen“ als einen rein körperlichen Akt. Sie lässt uns erspüren: Ich liebe dich, ich begehre dich, ich gebe mich dir hin, wir gehören zusammen, wir sprechen – vielleicht nicht immer – aber im Bett die gleiche Sprache, ich spüre deine Nähe, ich fühle mich bei dir zuhause, wir harmonieren und ganz vieles mehr.
Und rein körperlich bringt uns Sexualität in Wallung. Das Spiel von Aufladen und Entladen, kann nicht nur orgastisch sein, es reduziert auch Stress. Alles in allem also sehr gute Gründe, sich seiner Sexualität zu widmen.
Und trotzdem Sex durchaus wichtig ist, ist er nicht das Wichtigste in einer Beziehung. Denn es gibt genau so Paare, die für einen gewissen Zeitraum oder auch völlig auf Sex verzichten und trotzdem eine gelungene, glückliche Partnerschaft leben und niemals auf die Idee kämen, daran etwas zu ändern.
Ein Problem entsteht erst, wenn es für einen der beiden Partner zu viel oder zu wenig ist.
Was macht für dich den Kern einer erfüllten Sexualität aus?
Das ist eine sehr schwierige Frage bzw. kaum zu beantworten. Denn den Kern einer erfüllten Sexualität definiert jeder Mensch/jedes Paar für sich selbst. Und es ist wunderschön, dass es hier so vielfältige Sichtweisen gibt.
Zwei (von vielen) Bestandteilen dieses Kernes, sind aber aus meiner Sicht:
• Sich selbst so gut zu kennen, um zu wissen was man braucht.
• Die Kommunikation, um sich und seine Bedürfnisse dem Partner auch mitteilen zu können.
Bewerten Frauen und Männer Sex unterschiedlich?
Der Unterschied bei Frau und Mann liegt in der Herangehensweise.
• Frauen möchten meist zuerst Herzensenergie spüren. Sich geliebt, sicher, verstanden und attraktiv fühlen. Umworben werden. Um sich hingeben zu können. Und sich überhaupt auf Sex einzulassen.
• Die meisten Männer finden ihre Frauen erotisch und sexy. Und wollen sich durch die Sexualität mit ihrer Partnerin verbinden, um dadurch ins Gefühl zu kommen. Also durch die sexuelle Vereinigung Nähe, Liebe, tiefe Verbundenheit herzustellen.
Erlebt das Paar dann eine geglückte sexuelle Begegnung, die ihnen Erfüllung und Intimität schenkt, werden dies wahrscheinlich beide als höchst bereichernd bewerten.
Aber genau in dieser unterschiedlichen Herangehensweise liegt der Stolperstein. Schauen wir uns das Beispiel nach z.B. einem Streit an:
• Es ist alles gesagt, die Gewitterwolken sind vorüber, aber der Himmel ist noch grau.
• Der Mann schlägt Versöhnungssex vor. Das ist sein Angebot zur „Friedenspfeife“. Er ist „nicht mehr böse“ und möchte seiner Frau spüren lassen, dass er sie liebt. Er möchte sich mit ihr vereinen und durch den Akt tiefe Gefühle der Verbundenheit herstellen.
• Bei vielen Frauen wirkt die Disharmonie aber noch nach. Weshalb sie oft keine Bereitschaft für Sex haben. Ganz im Gegenteil, sie denken am Ende vielleicht noch „Der denkt auch nur an Sex….“.
Ein extrem spannender Kreislauf, den es (im Zweifelsfall) zu unterbrechen gilt. Um Unterschiede zu verkleinern und uns so sexuell auf kürzeren Wegen begegnen zu können.
Sind Probleme mit dem Sex tatsächlich so häufig ein Trennungsgrund, wie viele behaupten?
Aus meiner Beobachtung, fängt das Problem schon früher an. Denn es gibt bereits einen Grund, weshalb es keinen Sex mehr gibt. Z. B.
• Falsche Erwartungshaltung: „Wir haben kein Lust mehr. Es überkommt uns nicht mehr so wie früher.“. Leider muss ich hier sagen: Diese Erwartung, gilt es aufzugeben. Und das hat gar nichts mit Eltern-werden zu tun. Lust – wie am Anfang einer Beziehung – schwindet in längeren Beziehungen auf ganz natürliche Weise. Je verbundener wir uns mit dem Partner fühlen, desto weniger überkommt uns das spontane Verlangen nach Sexualität. Ein wissenschaftlich erwiesener, ganz normaler Prozess. Wer darauf wartet, der sitzt „in der Lust-Falle“. Denn: Lust muss gewollt und aktiv am Leben erhalten werden!
• Zu wenig Kommunikation: „Ich habe an dem Sex, wie wir in bisher leben, keinen Spaß mehr. Aber ich kommuniziere es dir nicht, denn… ich trau mich nicht… oder… das könnte dich verletzen.“ Mit diesen Gedanken, hemmen wir uns selbst. Denn je weniger der Sex so läuft, wie es mir gut tut, desto weniger habe ich Lust drauf, desto eher vermeide ich ihn.
• Die emotionale Ebene: „Ich fühle mich nicht verstanden/geliebt/wertgeschätzt, also entziehe ich mich dir.“
• Die Prioritätensetzung: „Ich gebe allem anderen den Vorzug (dem Baby, dem Besuch der Schwiegermutter, meiner Müdigkeit), nur unserem Sexualleben nicht.“ Damit laufen wir Gefahr den Partner, uns selbst, unsere gemeinsame Sexualität zu vernachlässigen.
• Ein Kräftemessen: „Ich spiele einen Machtkampf. Wenn du das nicht für mich tust, worum ich dich bitte, so lange mache ich auch keinen Sex mehr mit dir.“
Alles Faktoren, die schon DAVOR stehen, dass ich später keine Sexualität leben möchte/kann. Und das sind nur einige Beispiele.
Räume ich diese Faktoren nicht aus und lasse sie weiter auf unsere (im Moment nicht gelebte) Sexualität wirken, kann sich eine immer größere Distanz zwischen den Partnern einstellen. Nun fühlt man sich vielleicht als Frau/als Mann nicht mehr angenommen, nicht mehr geliebt, nicht mehr begehrenswert. Man zieht sich weiter zurück. Es gibt noch weniger Berührungen, noch weniger Wertschätzungen, weil man sich unverstanden fühlt. Und diese Spirale kann sich immer weiter nach unten ziehen, bis einer oder beide vielleicht aus der Partnerschaft ausbrechen. Muss so nicht, kann aber so passieren.
Unsere Sexualität ist definitiv störanfällig. Sie braucht Nahrung, um am Leben gehalten zu werden. Stimmt etwas zwischen dem Paar bzw. im Umfeld nicht, kann sich das sehr schnell auswirken. Eine Trennung jedoch „nur“ auf die fehlende Sexualität zu schieben, ist aus meiner Sicht zu kurz gedacht. Denn der tatsächliche Auslöser liegt meist davor.
An dieser Stelle schon einmal vielen lieben Dank, Petra, für deine tollen Antworten. Am 06.07.17 sprechen wir darüber, wie sich Sexualität mit der Geburt eines Kindes verändert und wie Eltern damit umgehen können! Du möchtest Part II des Interviews auf keinen Fall verpassen? Folge THE HAPPY SPOT auf Facebook und melde dich HIER für den Newsletter an!
Zur Expertin
Petra Steiner ist Expertin für beflügelte Sexualität. Sie vermittelt in ihren Beratungen und Begleitungen den Zugang zu freier, lockerer und luftig gelebter Sexualität. In der von ihr entwickelten Methode: 6+1 „In 7 Schritten zu beflügelter, geglückter, verschwitzter Sexualität“, zeigt sie Frauen und Paaren den Weg in ein erfülltes, glückliches Sexualleben. Mehr zu ihr auf www.petrasteiner.atCelsy
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