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Business & Baby

“Valley of Stress – 6 Monate Baby, Business, Besen schwingen”

Die Überforderung ist ein fieses Tier – immer dann, wenn du glaubst, jetzt hast du eine Route um sie herum gefunden, steht das Mistvieh wieder zähnefletschend vor dir. Zugegeben: Ich befinde mich seit Wochen in einem dauerhaften Zustand der Erschöpfung und Überforderung.
Nein, dies soll kein Seelenstriptease werden. Stattdessen wird es ein Zweiteiler: Eine Momentaufnahme und ein Ratgeber. Ich schreibe dies für all diejenigen, denen es ähnlich geht. Auch für diejenigen, die eine Mutter kennen, die täglich mehrmals an ihre Grenzen stößt. Genauso richtet sich der Artikel an diejenigen, die glauben, es gäbe so etwas wie ElternschaftsURLAUB.

Mein Sohn ist sechs Monate alt und ich bin selbstständige Texterin und Autorin. Seit der 7. Lebenswoche meines Sohnes arbeite ich wieder für und mit meinen Klienten, da mir die finanzielle Situation keine längere Elternzeit in Vollzeit erlaubt hat. Mein Mann ist noch beziehungsweise wieder in Ausbildung ist, deshalb bin ich nicht nur Mama und Ehefrau, sondern auch Hauptverdienerin.

Baby und Business unter einem Hut

In der Regel besteht mein Alltag aus einem Dreischritt – Baby, Business und Haushalt. Mein Mann arbeitet 40 bis 50 Stunden in der Woche außer Haus, seine Ausbildung lässt ihm da leider nicht viel Gestaltungsmöglichkeit. Dementsprechend liegt die Hauptlast der alltäglichen Pflichten auf meinen Schultern.
Priorität Nummer 1 hat und ist dabei ganz klar das Baby. Meiner Meinung nach stimmt der Ausspruch über Kinder: “Unser Alltag ist ihre Kindheit”. Dementsprechend möchte ich nicht, dass mein Sohn sich nur an den Rücken seiner Mutter erinnert, den er sieht, wenn ich am Schreibtisch sitze. Das bedeutet, wenn der Kleine auf den Beinen ist, bin ich in erster Linie Mutter. Ich koche beziehungsweise mache ihm morgens sein Frühstück, füttere ihn und im Anschluss wird gespielt. Nach dem Mittagsschlaf wärme ich ihm das vorgekochte Mittagessen auf, füttere ihn, dann wird gespielt oder wir gehen draußen spazieren. Geht alles gut, übernimmt der Papa die Abendmahlzeit und später das Zubettbringen.

Gearbeitet wird, wenn das Baby schläft. Vor allem mittags und am frühen Nachmittag, wenn der Kleine seinen ausgedehnten Mittagsschlaf macht, arbeite ich an laufenden Aufträgen. Das bedeutet konkret:

  • Ich recherchiere zum vereinbarten Thema.
  • Nun schreibe ich den Text oder Artikel.
  • Nach der Fertigstellung redigiere ich den Text. Im Anschluss lade ich den Artikel im Content-Management-System hoch oder verschicke ihn per Email an den Kunden.
  • Zuletzt erfasse ich jeden abgelieferten Text in der jeweiligen Rechnungsdatei. Am Ende des Monats brauche ich so nur noch eine Rechnung erstellen und verschicken.
  • Dementsprechend gehört zu meinem Arbeitsalltag der Dreischritt aus Recherche, Schreiben und Buchhaltung. Dieser Dreischritt wird mal mehr, mal weniger durch die Kommunikation mit meinen Kunden ergänzt. Das bedeutet Emails schreiben, Telefonate führen und gegebenenfalls Gesprächsnotizen ablegen.

    In diese Form der Arbeitsorganisation hat sich ein bedeutendes Problem eingeschlichen: Je älter mein Sohn wird, desto kürzer werden seine Nickerchen. Das bedeutet, dass meine Arbeitszeit bedeutend eingeschmolzen wurde. Mein Umsatz muss aber der gleiche bleiben, unsere Ausgaben sinken ja nicht. Ich stehe also vor dem Problem, dass ich in immer kürzerer Zeit das immer gleiche Geld verdienen muss. In den vergangenen Wochen kam es häufig vor, dass ich mein Tagespensum nicht geschafft habe, weil der Kleine vor seiner gewohnten Zeit wach wurde. Diese Rückstände sitzen mir im Nacken, setzen mich unter Druck und müssen schlussendlich am Wochenende oder nachts aufgearbeitet werden.

    Der Haushalt macht sich von allein – oder nicht?

    Du fragst dich nun: Und der Haushalt? Diesen erledige ich, so gut es geht, nebenbei. Häufig kombiniere ich die Erledigung der häuslichen Pflichten mit anderen Dingen. So wasche ich das Geschirr vom Vorabend spätestens am Nachmittag ab, während der Kleine und ich auf die Mikrowelle warten, die sein Mittagessen auftaut. (Ich koche einmal in der Woche Brei für die gesamte Woche vor und friere diesen in fertigen Portionen ein.) Du glaubst gar nicht, was man mit dem richtigen Training in 10 Minuten alles an Geschirr abwaschen kann! Der Kleine liegt währenddessen auf seiner Puzzlematte, robbt durch die Küche, spielt mit seinem Spielzeug oder ich singe ihm ein Lied vor, damit er auch die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient. Genauso räume ich die Wäsche in die Waschmaschine oder den Trockner, wenn ich während der Schreibtischarbeit merke, dass ich meine Muskulatur ein wenig entspannen müsste. Häufig nutze ich auch die Gelegenheit, die Wäsche oder den Abwasch zu erledigen, während mein Mann abends kocht oder den Kleinen füttert. Habe ich besonders viel zu tun, nutze ich die Zeit abends aber auch, um noch weitere Aufträge abzuarbeiten.

    Ganz unten auf der Prioritätenliste

    Du merkst: Mir bleibt nicht viel Zeit für mich. Alle paar Wochen treffe ich mich mit Freundinnen oder gehe auf ein Networking-Event. Ansonsten ist wohl der größte Luxus, den ich mir im Alltag gönne, die ausgiebige Kommunikation per WhatsApp mit meinen liebsten Freundinnen und meiner engsten Vertrauten. Allerdings werden auch diese Gespräche immer kürzer, meine Liebsten warten immer länger auf Antworten, häufig bin ich nur halb bei der Sache und vergesse die Hälfte. Dabei fühle ich mich furchtbar, denn so wenig Aufmerksamkeit hat niemand verdient. Vor allem nicht die wunderbaren Menschen, die mich durch meine Höhen und Tiefen begleiten. Häufig finden auch die Mahlzeiten nur mal eben schnell statt, während ich versuche, Erik oder meinem Job gerecht zu werden. Sport, Zeit für den Friseur, eine Beautyroutine oder gar ein Hobby? Fehlanzeige!

    Genau das ist mein Fehler – ich funktioniere, aber ich lebe nicht. Tagtäglich komme ich an meine Belastungsgrenze. Ich reibe mich auf zwischen Baby, Business und Besen schwingen. Dabei habe ich stets das Gefühl, nicht genug zu sein. Mein Baby muss sich meine Aufmerksamkeit viel zu oft mit dem Abwasch teilen. Die Wohnung müsste viel öfter gesaugt werden. Meine Artikel für die Kunden entstehen unter zu viel Druck, die Erstellung benötigt aufgrund des Stresses viel zu viel Zeit. Meine eigenen Projekte, wie THE HAPPY SPOT, sind quasi tot.
    Die Zeit, die mein Mann und ich miteinander haben, ist genauso begrenzt. Unter der Woche besteht der Feierabend aus Abendessen, Baby füttern, Kleinigkeiten erledigen oder arbeiten und wenn der Kleine ins Bett geht, dann gehen meist auch wir bald schlafen.

    Am Wochenende versuche ich dann krampfhaft, so viel möglich aus der Zeit herauszuholen. Das Problem dabei: Die Trennung vom Wochenende, der Übergang zum Alltag, wird damit jeden Montagmorgen umso schwerer. Zudem bleibt bei all dem Aktionismus der Haushalt am Wochenende auf der Strecke – mit dem Ergebnis, dass ich am Montagmorgen wieder mit meinem Dreischritt allein bin: Baby, Business, Besen schwingen.

    Erschöpfung wird zum Normalzustand

    Die Auswirkungen dieses Lebens unter Druck merke ich immer mehr: Ich schlafe nachts vor lauter Stress und Grübelei nicht, morgens bin ich allerdings zu müde, um die Zeit zu nutzen. Meist schlafe ich selbst, bis der Kleine wach wird. Jeden Morgen ärgere ich mich über die verschlafene Zeit und starte schon gestresst in den Tag. Dabei ist dieser Schlaf nicht erholsam. Auch mit jeder Menge Kaffee bin ich permanent erschöpft. Kleinigkeiten bringen mich um den Verstand, wegen Nichtigkeiten fluche ich ungehalten oder schlimmer noch: Ich breche in Tränen aus. Habe ich ausnahmsweise fünf Minuten für mich, stehe ich innerlich so unter Druck, dass ich lethargisch auf dem Sofa sitze und ins Leere – oder in mein Handy – starre. Immer wieder ertappe ich mich selbst bei ungesunden Fressattacken, während derer ich bevorzugt Schokolade oder Tiefkühltorte in mich hineinschaufle. Dabei ist mir sehr bewusst, dass ich bloß versuche, ein Loch in meiner Seele zu stopfen. Bei all dem Gefühl, nicht genug zu sein, werde ich einem Menschen am wenigsten gerecht: Mir selbst.

    EDIT: Im Laufe der Wochen nach dem Artikel, habe ich einige Taktiken ausprobiert, um mich aus meinem eigenen Hamsterrad zu befreien. Herausgekommen sind dabei: 3 Soforthilfen für Stressgeplagte.

    Celsy

    Celsy

    Ich bin Gründerin dieses Magazins, freischaffende Texterin und Redakteurin und deine freundschaftliche Ansprechpartnerin für all die Dinge, die das Leben schöner machen. Außerdem bin ich Vollzeit-Chaotin mit großem Herzen, beißendem Humor und habe immer für jeden eine Tasse Kaffee da.
    Celsy

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    5 COMMENTS

    • Frau Kröhnchen on 29. März 2017

      Liebe Celsy,

      ich kann nur ansattweise nachvollziehen, wie es dir geht. Baby, Job und Haushalt – da gehört einiges dazu was dir abverlangt wird. Hut ab dafür, wie du das machst! Ich selbst habe gerade erst mein kleines Gewerbe angemeldet, noch sind die Aufträge überschaubar und ich bin eigentlich auch ganz dankbar dafür. Eben weil das Baby momentan sehr fordernd ist und auch ich in seinen Wachphasen nur für ihn da sein möchte. Dafür bleibt der Haushalt liegen, ein Kompromiss der für mich vor ein paar Monaten noch undenkbar war. Aber nur ist mir die freie Zeit einfach zu schade, um jeden Tag zu saugen und zu wienern. Auch das wird sicher mit der Zeit wieder anders, aber als das Baby die ersten drei Monate quasi den ganzen Tag unzufrieden war und ich anschließend noch den Haushalt blank putzte, kroch ich echt auf dem Zahnfleisch und musste einfach Zeit für mich einplanen.

      Ich bin gespannt, wie du aus deinem Hamsterrad kommst, da kann ich mir sicher etwas anschauen.

      Ganz liebe Grüße und ein schönes, stressfreies Wochenende für euch
      Sarah

      Reply
      • Celsy on 29. März 2017

        Liebe Sarah,
        danke für dein liebevolles Feedback! 🙂 Ich finde es gut, dass du dir den Kompromiss mit dem Haushalt so mühsam erarbeitet hast und das für dich auch so gut funktioniert. In weiten Teilen ist es bei mir ähnlich. Allerdings habe ich da einfach ein kleine Macke, die meiner Hochsensibilität geschuldet ist – wenn bestimmte Sachen nicht gemacht sind, dann kann ich nicht denken. Und das macht die Situation dann nur noch schwieriger. 😀
        Ich hoffe, dass ich dir mit dem Folgeartikel vielleicht doch noch die eine oder andere Anregung liefern kann.
        Euch auch ein wunderbares Wochenende!
        Liebe Grüße,
        Celsy

        Reply
    • Lilli von LETTERS on 29. März 2017

      Liebe Celsy,

      es tut mir sehr leid, das zu lesen. Ich habe zwar kein Baby, aber ich kenne trotzdem die Zustände, die du beschreibst.

      Ein Tipp von mir: Erhöhe deinen Stundensatz / Projektpreis, um mehr Geld in gleicher Zeit zu verdienen. Konzentriere dich dabei auf deine besten Kunden – das sind die, für die du gerne arbeitest und bei denen du für die getane Arbeit am meisten verdienst.

      Und überleg dir immer: Wie kann ich es mir selbst am leichtesten machen? Kannst du dir eine Spülmaschine anschaffen? Eine günstige Putzkraft leisten? Oder den Haushalt einfach mal links liegen lassen? Kannst du deine Freunde einfach um Verständnis bitten, dass du zurzeit nicht so viel WhatsAppen kannst?

      Ich bin sehr gespannt auf den zweiten Teil und hoffe, dass du gute Lösungen für dich finden wirst! 🙂

      GLG Lilli

      Reply
      • Celsy on 29. März 2017

        Liebe Lilli,

        hab vielen Dank für deinen Input. 🙂 Tatsächlich habe ich in der Zeit seit dem Artikel viel an meinem Alltag gefeilt und geschraubt, um es mir, aber auch meinem Mann und meinem Sohn so einfach wie möglich zu machen. Ein Lösungsansatz ist unter anderem der Krippenplatz, für den wir den Kleinen nun angemeldet haben. 😉 Tatsächlich habe ich auch schon einen Folgeartikel geschrieben, du findest ihn hier: http://thehappyspot.de/2017/04/12/3-oasen-in-der-stresswueste-soforthilfen-fuer-stressgeplagte/. Das viele, positive Feedback hat mich dazu ermutigt, auch hier aus der Not eine Tugend zu machen und mich in Form eines Ebooks dem Thema Stressbewältigung in etwas größeren Dimensionen zu widmen. 🙂

        Liebe Grüße,
        Celsy

        Reply
    • Pingback: 3 Oasen in der Stresswüste – Soforthilfen für Stressgeplagte – THE HAPPY SPOT on 29. März 2017

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