Der sicherste Weg ins Unglück führt über die stetige Selbstoptimierung. Warum das so ist? Wer sich ständig selbst optimiert, sich zu höheren, besseren, ambitionierteren Zielen antreibt, verlernt etwas Wesentliches: Sich selbst bedingungslos zu lieben. Wer „höher, schneller, weiter“ als ewiges Motto seines Lebens skandiert, verliert aus dem Blick, dass hinter dem Drang, besser zu werden, häufig eine riskante Botschaft steht. Diese Botschaft lautet: Ich bin nicht gut genug. Kaum ein Satz mit weniger Worten kann einen Menschen mehr zerstören. Außerdem birgt die stetige Selbstoptimierung eine weitere Stolperfalle. Häufig wird sie von gesellschaftlichen Erwartungen angetrieben. Wohin es geht, was diesmal verbessert werden muss, welcher Schritt auf der Karriereleiter als nächstes folgt – ganz häufig entscheidet die Gesellschaft in deinem Kopf mit. Vielleicht geschieht das unbewusst, aber es geschieht. Dabei kann es nur einen einzigen Weg zu deinem Lebensglück geben: deinen eigenen.
Leistung und Konsum – die Motoren unserer Gesellschaft
Wir leben in einer Gesellschaft, die von zwei Motoren betrieben wird: Leistung und Konsum. Diese beiden Motoren treiben häufig auch diejenigen an, deren oberstes Ziel die Selbstverwirklichung ist. Wie ich darauf komme? Schaut man sich in den sozialen Netzwerken viele Beiträge zum Thema Selbstverwirklichung an, lautet die Botschaft häufig: Raus aus dem Hamsterrad, mach Schluss mit dem Konventionellen! Doch gezeigt werden Bilder vom Leben an tropischen Stränden, von der erfolgreichen Karriere als Freelancer, von schöner Kleidung und noch schöneren Menschen. Es scheint, als ob viele, die den Ausstieg aus dem konventionellen Lebensmodell wählen, ihre Selbstverwirklichung in Luxus finden.
In unserer Gesellschaft gilt: Mach Karriere und lebe in Wohlstand. Die Uni abbrechen? Undenkbar! Freiwillig in Teilzeit arbeiten? Verspiel nicht deine Aufstiegschancen! Wohl möglich erst einmal Kinder bekommen und später in den Beruf einsteigen? Aber die Altersarmut! Wenn wir Deutschen gut in einer Sache sind, dann darin, in allem einen Haken zu finden. Statt die Chancen eines Schrittes zu sehen, beurteilen wir erst einmal das Risiko. Lebensentwürfe, die von der Norm abweichen, erschrecken die meisten Leute, statt sie zu inspirieren.
Warum unkonventionelle Wege erschreckend wirken
Woher kommt dieser Schreck, den so viele verspüren, wenn das Leben einmal nicht nach Plan verläuft? Häufig ist es Angst. Es ist die Angst vor dem Unbekannten, die Furcht vor dem Ungewissen. Wer vom vorgegebenen Pfad abweicht, begibt sich auf unbekanntes Terrain. Lebensweisheiten, altbewährte Ratschläge und Konventionen können nicht mehr als Landkarte fungieren. Viele Menschen fühlen sich in solch einer Situation, als ob man sie dazu zwingen würde, blind durch ein Labyrinth aus Flammen zu laufen. Sie leben in Panik davor, sich zu verletzen, trauen sich kaum, einen Schritt vor den anderen zu setzen, weil sie den unvermeidlichen Untergang direkt vor Augen haben.
Bei anderen ist der Grund für das Erschrecken vor unkonventionellen Lebenswegen aber auch der Neid. Häufig verspüren diese Leute den inneren Wunsch, selbst etwas in ihrem Leben zu verändern, trauen sich aber nicht. Vielleicht trauen sie es sich auch bloß nicht zu. In jedem Fall missgönnen sie dem anderen das, was sie selbst nicht erreichen können. Sie fürchten, dass ein anderes, abweichendes Lebensmodell ihnen ihre eigene Unzufriedenheit unmissverständlich und schmerzhaft vor Augen führt. Also bemühen sie sich nach Leibeskräften darum, zu verhindern, dass sich jemand außerhalb der Konventionen bewegt.
Das Mittelmaß hat ausgedient
Was hat all dies nun mit Selbstoptimierung zu tun? Es scheint, als ob Selbstoptimierung zu einer neuen, grundlegenden Konvention unserer Gesellschaft geworden ist. Vor allem für diejenigen, die ab ca. 1985 geboren wurden, scheint es unerlässlich, immer höher, schneller und weiter zu kommen. Das Anstreben einer Führungsposition ist so selbstverständlich geworden wie das morgendliche Zähneputzen. Haargenau aufzupassen, dass der Körper in Form bleibt und die Ernährung gewissen Grundsätzen folgt, ist für viele mittlerweile so wichtig wie die Luft zum Atmen. Ebenso wird mittlerweile müde belächelt, wer lieber Wert auf Familie und Freizeit legt als stattdessen die Gründung seines Startups voran zu treiben.
Das Mittelmaß hat ausgedient. Nine-to-five-Jobs sind die neue Cholera, jahrelang an nur einem Ort zu leben, ohne die große, weite Welt zu sehen, gilt als rückständig. Doch in all dem vergessen viele die wertvollste Erkenntnis überhaupt: Der Weg zum Glück ist individuell. Vor allem auf der Suche nach der persönlichen Erfüllung gibt es kein Schema F. Wo der eine in seiner protzigen Luxusvilla haust, sucht der andere lieber nach der kargen Holzhütte im Wald. Während für manche eine berufliche Herausforderung nach der anderen erst den Reiz des Lebens ausmacht, sind andere froh, wenn sie nach Feierabend zu ihrer Familie nach Hause zurückkehren können. Was für den einen funktioniert, muss für den anderen noch lange nicht zufriedenstellend sein. Hinter all der Selbstoptimierung, die mittlerweile postuliert wird, steckt so viel Gleichmacherei, dass uns das Wichtigste verloren geht, das wir haben: Unsere Individualität.
Du bist gut genug
Wenn du heute also das Gefühl hast, dass die Gesellschaft mit all ihrem Streben und Wünschen zu schnell für dich ist, dann nimm dir eine Tasse Kaffee und setze dich einen Moment. Es ist ok und völlig in Ordnung, mit all dem nicht mithalten zu wollen, nicht mithalten zu können. Du musst nicht immer neue Dinge lernen, neue Ziele erreichen oder dich selbst in Höchstform bringen. Denn du bist gut genug. So wie du bist. Mit deinen individuellen Fähigkeiten, Eigenarten, Charaktereigenschaften bist du genau richtig. Egal, was andere dir sagen, geh deinen individuellen Weg und tu, was dich glücklich macht. Selbst wenn es nicht im Entferntesten der Vorstellung von Glück entspricht, die andere Leute haben: Geh deinen eigenen Weg.
Wie stehst du zum Thema Selbstoptimierung? Hast du deinen individuellen Weg zum Glück schon gefunden? Ich freue mich sehr auf den Austausch mit dir!
Celsy
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2 COMMENTS
Hallo Celsy,
ich bin gerade über diesen Artikel gestolpert und erkenne da viele meiner Ansichten wieder.
Ich bin der Überzeugung, dass jeder sein Glück findet, indem er frei ist. Frei sein bedeutet für mich in erster Linie, ganz man selbst zu sein. So wie Du schreibst: “Denn du bist gut genug. So wie du bist. Mit deinen individuellen Fähigkeiten, Eigenarten, Charaktereigenschaften bist du genau richtig.”
Deshalb nützt es meiner Meinung nach auch gar nichts, sich ständig mit anderen zu vergleichen, egal ob in Karriere, Erfolg, oder Schönheit. Jeder ist individuell und ein Unikat und deshalb kann auch jeder nur seinen eigenen Weg gehen, der Sinn ergibt und letztendlich glücklich macht!
Was die Selbstoptimierung angeht würde ich sagen, dass es schon wichtig ist im Leben immer weiter dazu zu lernen und zu wachsen. Aber dabei sollte man sich weniger auf die Erwartungen der Gesellschaft konzentrieren, sondern mehr auf das, was für einen selbst wirklich wichtig ist.
Auf meine Blog schreibe ich momentan eine Artikelserie zum Thema Idealbilder, vielleicht hast Du ja mal Lust vorbei zu schauen? Ich würde mich freuen! 🙂
Liebe Grüße
Marlene
Liebe Marlene!
Danke für dein Feedback und deinen Input!
Du hast recht, natürlich gehört weiterlernen und wachsen zum Leben dazu. Aber es sollte eben auch freiwillig geschehen und nicht aus dem Druck der Gesellschaft oder dem Gefühl der Minderwertigkeit heraus. Da sind wir uns definitiv einig.
Auf deinem Blog schaue ich gerne vorbei! 🙂
Liebe Grüße,
Celsy